"[...] besonders, wo ich jetzt schon seit 1 1/2 Jahren mein Leben alleine führen muß, da Mutti und Tante fortgereist sind."
Walter Lichtheim an Harry Goldstein
Am 25. Oktober 1941
deportierte die Hamburger Gestapo den damals 22-jährige Walter Lichtheim gemeinsam mit seiner Mutter und Tante in das Ghetto Litzmannstadt. Dort musste er Zwangsarbeit in einer Schlosserei leisten. Seine Mutter und Tante wurden im Herbst 1942 im Vernichtungslager Kulmhof ermordet. Walter war fortan allein. Darüber schrieb er auch in einer Postkarte nach Hamburg. Es ist sein letztes bekanntes Lebenszeichen. Drei Wochen nach Versenden der Karte verschleppte ihn die SS ins Vernichtungslager Kulmhof.
Walter Lichtheim wuchs mit seinen Eltern und seinem Bruder in Hamburg-Altona auf. Er galt als begabter Geigenspieler. Ab 1938 durften jüdische Kinder keine staatliche Schule mehr besuchen und Walter begann eine Kaufmannsausbildung. Die Versuche der Familie, die rettende Ausreise zu organisieren, scheiterten. Nur der jüngere Bruder Ludwig schaffte es mit einem Kindertransport nach England und überlebte.
Transkription Postkarte:
Absender:
Walter Lichtheim
Litzmannstadt,
Hohensteinerstr. 43/ [...].45
Herrn Harry Goldstein
Hamburg 13
Bogenstr. 25 I
Lieber Onkel Harry!
Ich freue mich, Dir endlich schreiben zu können, daß ich gesund bin und auch unverändert arbeite. Die Zeit vergeht so schnell, besonders wo ich jetzt schon seit 1 ½ Jahren mein Leben alleine führen muß, da Mutti und Tante fortgereist sind. Bitte, laß recht bald, - wenn möglich - von Dir hören, Deiner lieben Frau, allen Freunden und Dir selbst herzliche Grüße von Deinem Walter
Litzmannstadt, den 16. Mai 1944
*Zu Gunsten der Lesbarkeit wurde in der Transkription Anpassungen vorgenommen.
Weitere Rechechemöglichkeiten:
Student Sebastian erzählt, warum ihn diese Postkarte berührt: Video
Stolperstein-Initiative: https://www.stolpersteine-hamburg.de